Entsalzung

Lebenselixier



Aqua Claudia, einer der Aquädukte, die das antike Rom versorgten (Baubeginn unter Caligula 38 n. Chr., Bauabschluss unter Claudius 52 n. Chr.). Im ersten Jahrhundert verbrauchten städtische Römer mehr Wasser als moderne Europäer gegen Mitte des 20. Jahrhunderts: ca. 1 m³ pro Mensch und Tag! (Quelle)

Frisches, klares Wasser ist Inbegriff des Lebens. Die ersten Hochzivilisationen entstanden an wasserreichen Flüssen oder Seen — e.g. die Kulturen des fruchtbaren Halbmonds oder Ägypten. Im Imperium Romanum lernte man, Wasser mit Talsperren zu speichern und mittels langer Aquädukte dorthin zu leiten, wo es gebraucht wurde. An diesem Prinzip hat sich bis heute wenig geändert. Wir nehmen das Wasser aus natürlichen Quellen und Niederschlägen, sammeln und verteilen es. In ariden Gegenden geht diese Rechnung zuweilen nicht auf, wie die wiederholten Dürren in Kalifornien zeigen. Es ist an der Zeit, uns nicht länger darauf zu verlassen, dass der natürliche Wasserkreislauf liefert, was wir brauchen: Wir sollten beginnen, Trinkwasser im großen Stil künstlich zu gewinnen.

Wasser per se ist auf unserem Planeten, den man nicht umsonst zuweilen „blauer Planet“ nennt, keine Mangelware. 75% der Erdoberfläche sind von Ozeanen bedeckt. Leider ist das Meerwasser jedoch für Menschen und die meisten anderen Landlebensformen zu salzhaltig. Hier lässt sich technisch Abhilfe schaffen.



Nukleare Meerwasserentsalzungsanlage Schewtschenko in der Sowjetunion (heute Aqtau). Als Energiequelle diente der schnelle Brutreaktor BN 350.

Heutige Meerwasserentsalzungsanlagen beruhen meist auf fossiler Verbrennung, so wie das weltgrößte Aggregat Dschabal Ali in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nukleare Entsalzung wurde bereits in experimentellem Maßstab durchgeführt: So erzeugte der schnelle Reaktor BN-350 in Kasachstan 27 Jahre lang täglich 80.000 m³ Trinkwasser und zugleich 135 MW Elektrizität.

Der DFR ist zu diesem Zweck besonders geeignet. Die hohe Arbeitstemperatur macht es unnötig, hierzu Energie von der Stromproduktion abzuzweigen: Die Turbinenabwärme bei 250 °C ist perfekt geeignet. Ein 1500-MW-DFR, der mit 60% Wirkungsgrad Strom erzeugt, kann die verbleibenden 40% einsetzen, um mittels mehrstufiger Entspannungsverdampfung rund 7 Kubikmeter Trinkwasser pro Sekunde zu produzieren, entsprechend 580.000 m³ pro Tag, oder dem Wasserdurchsatz eines kleineren Flusses wie der Elde. Mehrere DFR-Entsalzungsanlagen ließen sich kombinieren, um künstliche Ströme beachtlicher Größe zu erzeugen. Sie könnten in Wüstengebiete geleitet werden, um diese zu begrünen und landwirtschaftlich nutzbar zu machen — massive Steigerung der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln insbesondere in Afrika wäre die Folge.

Gebirgszüge zwischen Meer und Wüste brauchen dabei kein Hindernis zu sein: Die zum Hochpumpen des Wassers erforderliche Energie lässt sich mittels DFR bereitstellen. Pro Liter, Höhenmeter und Sekunde wären 10 Joule erforderlich, bzw. 70 MW, um 7 Kubikmeter sekündlich über 1000 Meter zu heben — ein kleiner Anteil der 1500 MW eines großen DFR-Blocks.

Mit Süßwasser sollte es wie mit elementarem Aluminium sein: Vormals eine auf der Erde seltene Substanz, die durch menschliche Industrieprozesse zu einer weit verbreiteten wird. Der russische Wissenschaftler und Philosoph Waldimir Wernadski umschrieb derartige Prozesse mit dem Begriff Noosphäre (Sphäre des Geistes): Menschliches Handeln wirkt als physikalische Kraft, die auf der Erde nie zuvor dagewesene Stoffe und Strukturen hervorbringt.