FAQ

Die häufigsten Fragen zum DFR haben wir versucht, hier zusammenzustellen.

Häufige Falschaussagen zum DFR sind auf der Seite „Kritik am DFR“ gesammelt.

Ist der DFR ein Thorium-Flüssigsalzreaktor?

Alvin Weinberg strebte als Endresultat die Konstruktion eines thermischen Flüssigsalz-Brutreaktors mit Thorium an. Dies wurde im Laufe der Zeit verallgemeinert: Heutzutage ist die Vorstellung weit verbreitet, dass Flüssigsalzreaktoren zwingend(!) Thoriumreaktoren seien. Doch der DFR braucht weder mit Thorium betrieben zu werden, noch enthält er notwendigerweise flüssiges Salz. Es gibt zwei mögliche Varianten: DFR/s (mit Salz) und DFR/m (Metallschmelze). Thorium lässt sich als Brutstoff einfüttern, aber ebensogut funktioniert jedes Aktinid mit höherem Atomgewicht. Je nach Stabilität des Kerns wird es entweder selbst gespalten oder in ein spaltbares Isotop transmutiert.

Thorium hat keine inhärenten Vorteile gegenüber Uran 238, außer in Gegenden, in denen es ein sehr häufiger Bodenschatz ist, z. B. in Indien.  Aber auch keine Nachteile.

Ist die Zerstörung von langlebigem Atommüll nicht ein völlig neuartiges Konzept, das erst noch bewiesen werden muss?

Das Verhalten vieler verschiedener Transurane unter Neutronenbestrahlung wurde insbesondere am Idaho National Laboratory (Fast Flux Test Facility) sehr genau untersucht. Speziell bezüglich des DFR existieren zwei an der TU München angefertigte Doktorarbeiten, die seine Eigenschaften — einschließlich der Fähigkeit zur effektiven Transuranspaltung — durch Simulationen bestätigen.

Die Halbwertszeiten der verschiedenen Isotope lassen sich experimentell sehr genau bestimmen. Der Zerfall eines einzelnen Kerns ist ein stochastisches Ereignis, die Abklingkurve eines großen Ensembles von Kernen (einer makroskopischen Stoffmenge) dagegen streng deterministisch. Das zukünftige Verhalten von Spaltprodukten und Transuranen steht mit mathematischer Sicherheit fest.

Anzumerken ist übrigens, dass der Begriff „Beweis“ in Bezug auf physikalische oder technische Prinzipien, streng erkenntnistheoretisch betrachtet, falsch gewählt ist. Bewiesen werden können nämlich nur mathematische und logische Sätze: Das bedeutet, dass sie mittels einer Schlusskette aus Axiomen (Grundtatsachen, die unter bestimmten Bedingungen als nicht weiter beweisbar und unmittelbar einleuchtend akzeptiert werden) oder bereits bewiesenen Sätzen abgeleitet werden. Physikalische Gesetze dagegen gründen sich auf Naturbeobachtungen. Sie gelten daher, im Vergleich mit den Sätzen der Mathematik, als in geringerem Maße gesichert; sie sind, durch experimentellen Test der von ihnen gemachten Vorhersagen, prüfbar, aber nicht beweisbar.

Dies gilt notabene nicht für die Gesetze der Thermodynamik: Sie fußen auf der Stochastik und nicht auf Beobachtungen. Alle anderen physikalischen Gesetze, selbst sehr grundlegende wie die Aussagen der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik, gelten als prinzipiell widerlegbar; die Thermodynamischen Hauptsätze dagegen scheinen für immer und ewig von reiner Mathematik gesichert.

Das Experiment in Hamm-Uentrop ist doch gescheitert?

In Hamm-Uentrop testete man einen gasgekühlten Kugelhaufenreaktor. Diese Technik hat wenig bis nichts mit dem DFR zu tun (außer dem möglichen Einsatz von Thorium als Energieträger). Kugelhaufenreaktoren basieren nicht auf Flüssigkeiten, sie arbeiten mit thermischen Neutronen, sind nicht brutfähig und haben vor allem eine viel niedrigere Leistungsdichte, die benötigt wird, um passive Sicherheit zu ermöglichen. Der DFR dagegen ist der erste Reaktor, der passive und inhärente Sicherheit mit hoher Leistungsdichte kombiniert.

Erzeugen nicht auch Thoriumreaktoren langlebigen Atommüll, der endgelagert werden muss?

In dieser Frage stecken zwei Missverständnisse: Zum einen kann der DFR Thorium nutzen, muss es aber nicht (siehe oben). Zum anderen hängt die benötigte Lagerdauer nur unwesentlich vom gespaltenen Nuklid ab, sondern davon, wie effizient die Aufarbeitung die verschiedenen Stoffgruppen aus dem Brennstoffgemisch abscheidet.

Alle Aktinidenkerne erzeugen bei Spaltung ein ähnliches (allerdings nicht völlig identisches) Spektrum mittelschwerer, größtenteils instabiler Kerne. Dieses Spaltproduktegemisch strahlt daher anfangs stark, jedoch klingt sie verhältnismäßig rasch ab: Schon nach Jahrzehnten sind die meisten Kerne zu stabilen Isotopen zerfallen; nach 300 Jahren ist die Radioaktivität schwächer als jene von Natururan. Zusätzlich werden im Reaktor durch Neutroneneinfang Transurane erzeugt. Lässt man sie im Brennstoff, wie beim „Einmal-Durch-Zyklus“ des Leichtwasserreaktors, so steigt die Abklingzeit des Abfalls auf Jahrhunderttausende. Beim DFR verbleiben säntliche Aktinide im Reaktor, bis sie gespalten wurde: Nur die Spaltprodukte verlassen den Kreislauf! Diese brauchen maximal einige Jahrhunderte gelagert zu werden (und viele lassen sich schon vorher extrahieren und industriell nutzen), unabhängig davon, ob sie aus Uran 233, Uran 235, Plutonium 239 oder einem anderen Schwermetall stammen.

Ist der DFR ist eine hypothetische Zukunftstechnik, wie die Kernfusion?

Kernfusion und -spaltung haben nicht viel gemeinsam: Während Neutronen mühelos in Kerne eindringen und Spaltungen auslösen — und daher eine bestimmte Anordnung von spaltbaren Stoffen von alleine kritisch wird und sich auch präzise voraussagen lässt, ob dies eintritt —, muss massiv Energie aufgewandt werden, um zwei positiv geladene Kerne zur Verschmelzung zu bewegen (denn sie stoßen sich gegenseitig ab). Aus diesem Grunde sind Kernfusionsanlagen extrem komplex und können heutzutage (2019) noch nicht zur Energieerzeugung genutzt werden. Der DFR dagegen beruht auf etablierten oder zumindest getesteten Technologien — Kernspaltung im flüssigen Medium, Bleikühlung, Erbrüten von spaltbarem Material, thermische Destillation u.v.a.  Der Grundgedanke ist, dass Verfahren, deren Funktionieren erwiesen ist und die teilweise schon großtechnisch eingesetzt werden (Destillation von Metall-Chlor-Verbindungen) zu etwas Neuem kombiniert werden. Bei der Fusion muss vielmehr von Grund auf geforscht werden.

Woher weiß man, dass dieser Reaktor überhaupt funktioniert?

Ob eine bestimmte Anordnungen von Materialien eine selbsterhaltende nukleare Kettenreaktion erzeugt („kritisch wird“, d.h. als Reaktor arbeitet) ist ein rein mathematisches Problem, das, ähnlich den Problemen der Himmelsmechanik, der Mathematik zugänglich ist und präzise gelöst werden kann. Dies wurde an der TU München im Rahmen zweier Doktorarbeiten durchgeführt — die Antwort lautete: Der DFR wird wie gewünscht arbeiten!

Dies ist auch nicht verblüffend, wenn man bedenkt, dass der Reaktor im Grunde nichts anderes ist als ein metallgekühlter schneller Reaktor mit einem einzigen Brennelement. Man verbinde die Brennstabhülsen eines natrium- und bleigekühlten Reaktors miteinander und fülle sie mit Uran-/Plutoniumchlorid statt der Oxidpellets — dann erhält man beinahe schon einen DFR.

Handelt es sich um einen schnellen Reaktor?

Richtig. Die konzentrierte Brennstoffflüssigkeit und das hohe Atomgewicht von Blei sorgen sogar für ein besonders hartes Neutronenspektrum. Dies sorgt für für hohen Neutronenüberschuss, welcher zum Erbrüten von Spaltstoff, zur Transmutation oder Isotopenproduktion genutzt werden kann.

Welches Salz soll eingesetzt werden?

Für den DFR sind Chlorsalze geeignet. Fluorsalze üben einen zu starken Moderationseffekt auf die Neutronen aus und haben darüberhinaus in vielen Fällen zu hohe Siedepunkte, um mit der PPU verarbeitbar zu sein. Höhere Halogene sind in beider Hinsicht günstiger. Ihre Siedepunkte sind hinreichend niedrig für die PPU, doch höher als 1000 °C (Temperatur im Reaktorkern).

Wie wird das flüssige Salz aufgearbeitet?

Durch Trennung von Brennstoff- und Kühlschleife kann der Brennstoff „online“ und „on-site“ (in laufendem Betrieb auf dem Kraftwerksgelände) durch die PPU aufgearbeitet werden. Ionenbindungen können nicht durch Radiolyse getrennt werden, so dass direkte physikochemische Auftrennung bei hohen Temperaturen möglich wird. Zweierlei Methoden wurden bereits praktisch getestet:

  • Elektroraffination, wie sie von Idaho National Laboratory im Rahmen des IFR-Projekts entwickelt wurde;
  • Hochtemperaturdestillation, die beim MSRE genutzt wurde.

Beide sind für den DFR geeignet. Soll Transmutation spezifischer Nuklide durchgeführt werden, ist eine präzisere Methode nötig: Fraktionierte Destillation/Rektifikation. Die relativ niedrigen Siedepunkte der Chloride (die immer noch deutlich über 1000 °C liegen) machen dies möglich.

Welche Größe und Form hat der Reaktor?

Der Reaktor ist zugunsten optimaler Neutronenökonomie zylinderförmig, da die Refraktärwerkstoffe für die Brennstoffrohre einfacher zu bearbeiten sind, wenn sie keine Krümmungen aufweisen – eine Kugelform kommt daher nicht in Betracht. Pro Gigawatt thermische Leistung werden ca. 3 m³ (Metallbrennstoff) bis 4 m³ (Salzbrennstoff) Volumen (Kantenlänge knapp 1,5 m bis 1,6 m) für die aktive Kernspaltungszone benötigt. Das Blanket bei der Salzbrennstoffvariante mit einigen GW thermischer Leistung kann bis zu 1 m dick und 5 m hoch sein – es entfällt bei der Metallbrennstoffvariante.

Wie ist die Brennstoffflüssigkeit zusammengesetzt?

Es werden unverdünnte Aktinidensalze genutzt. Das Mischungsverhältnis ist sehr flexibel und kann je nach angestrebter Anwendung gewählt werden. Es muss jedoch stets genug Spaltstoff (z.B. 233U, 235U, 239Pu, 241Pu) vorhanden sein, damit die Kettenreaktion aufrechterhalten werden kann. Auch minore Aktinide (die von schnellen Neutronen gespalten werden können) vermögen hierzu beizutragen.

Ferner können fertile Stoffe (238U, 232Th) zum Erbrüten von Spaltstoff beigemischt werden sowie eine kleiner Anteil langlebiger Spaltprodukte zur Transmutation.

Ein kleinerer Reaktor mit 1 GWth, der im U-Pu-Zyklus arbeitet, enthält ein Gemisch von 35% Plutonium und 65% abgereichertes Uran. Mit wachsender Reaktorgröße nimmt der Anteil an spaltbarem Material ab.

Was geschieht mit den Spaltprodukten?

Spaltprodukte erzeugen Nachzerfallswärme. In Festbrennstoffreaktoren bleiben sie in den Brennstäben, so dass der Reaktor auch nach dem Abschalten gekühlt werden muss. Misslingt dies, kann er zerstört werden (Fukushima, Three Mile Island). Beim DFR soll daher ein anderer Weg beschritten werden: Die PPU extrahiert die Spaltprodukte ständig in laufendem Betrieb. Sie werden außerhalb des Reaktors gelagert, wobei die für radioaktive Reststoffe üblichen Sicherheitsbestimmungen zur Anwendung kommen. Nach Abschaltung des DFR ist keine aktive Kühlung nötig. Spaltprodukte mit langer und mittlerer Halbwertszeit (z. B. 90Sr) können im Reaktor selbst durch Neutronenbeschuss deaktiviert werden, wodurch sich die benötigte Lagergröße verringert. Genauere Untersuchungen hierzu werden zur Zeit durchgeführt.

Wie sieht es mit der Proliferationsresistenz aus?

Waffenfähiges 239Pu zu erbrüten ist nicht möglich, da die Brutzone kein reines 238U enthält. Die PPU müsste 239Np (Halbwertszeit ~ 2 Tage, Zerfall zu 239Pu) sehr rasch abtrennen, um hochreines 239Pu zu erzeugen. Dies ist kaum möglich.

Der nukleare Teil des Kraftwerks ist verkapselt und wird ständig telemetrisch von den Antiproliferationsbehörden überwacht, so dass kein Waffenmaterial abgezweigt werden kann. Mit einer auf Elektroraffination beruhenden PPU ist die Waffenherstellung noch komplizierter, da diese nur Aktinidensalze und Spaltproduktesalze trennt. Eine zusätzliche Anlage zur schnellen Isolation von 239Np (innerhalb von Stunden oder maximal Tagen) wäre erforderlich: Diese würde sofort auffallen, da sie für den zivilen Brennstoffzyklus nicht nötig ist.

Wird der Th-U-Zyklus genutzt, ist das erbrütete 233U verunreinigt mit 232U (erzeugt durch (n, 2n)-Reaktionen). Dieses erzeugt harte Gammastrahlung, die sehr leicht zu detektieren ist und die Elektronik des Gefechtskopf beschädigen würde. Die auf fraktionierter Destillation beruhende PPU ist aus gleichem Grunde wie beim U-Pu-Zyklus proliferationssicher — das 233Pa kann nicht hinreichend rasch abgetrennt werden.

Die einfachste Methode, Kernwaffen herzustellen, besteht heutzutage in der Anreicherung von Natururan. Die Produktion hochreiner Kernsprengstoffe mit Reaktoren ist deutlich aufwändiger.

Ist Schiefergas nicht preiswerter als Kernenergie?

Preiswerter als DFR-Energie ist Schiefergas keinesfalls:  Langfristig, also nach Rückzahlung der Entwicklungskosten, erwarten wir Kosten von 0,6 Cent/kWh Strom.

Gaskraftwerke haben in der Tat die niedrigsten Anschaffungskosten aller Kraftwerke — immerhin handelt es sich um nicht viel mehr als einen Turbogenerator mit kleiner Brennkammer direkt vor der Turbine und einen Turbokompressor. Die Feuerungskammern und Abgasreinigungsanlagen von Kohlekraftwerken sind deutlich größer und komplexer, und die gestaffelten Sicherheitsmechanismen von Leichtwasser-Kernkraftwerken steigern deren Investitionskosten.  Doch Gas ist deutlich schwieriger anzuschaffen als Kohle.  Dies reflektieren die jeweiligen EROIs: Sie sind bei Kohle und Gas ungefähr gleich (Brennstoffbeschaffungs- und Konstruktionsaufwand gleichen sich gegenläufig aus), jedoch ca. dreimal niedriger im Vergleich mit Kernkraftwerken, bei denen fast der gesamte Aufwand in der Errichtung der Anlage steckt; der Beitrag der Kernbrennstoffbeschaffung ist gering.

Die Brennstoffkosten sind bei Gas von allen Energieträgern am höchsten, wobei der Preis tendenziell von den wenigen Ländern, die über Gasvorkommen verfügen, in die Höhe getrieben wird. Unkonventionelle Quellen wie Schiefergas vermögen dem entgegenzuwirken, da sie gleichmäßiger auf der Erde verteilt sind. Der EROI eines mit Schiefergas befeuerten Kraftwerks ist geringer, doch können sie für Investoren aufgrund der geringen Baukosten dennoch attraktiv sein. Die Strompreise sind höher als für Kohlestrom, aber immer noch recht kompetitiv, so dass das Kraftwerk sich rasch amortisiert. Die höheren EROIs der Leichtwasser-Kernkraftwerke werden meist durch politische Komplikationen (hohe Lizensierungskosten) ausgebremst. Damit Kernkraft mit Kohlenwasserstoffverbrennung konkurrieren kann, muss sie viel effizienter werden: Das Uran muss komplett genutzt werden, der aufwändige Brennstoffzyklus ist zu eliminieren, inhärente Sicherheit sollte gewährleistet werden. Genau dies leistet der DFR mit seinem EROI im vierstelligen Bereich.

Stellt Korrosion bei 1000 °C eine enorme Schwierigkeit dar?

Da der DFR schnelle Neutronen nutzt, steht eine wesentlich breitere Materialpalette zur Verfügung als für thermische Reaktoren. (Bei hoher Energie sind die Wechselwirkungsquerschnitte tendenziell deutlich kleiner.) Die meisten Materialprobleme wurden schon im Rahmen des MSRE gelöst. Ferner wurden in der nichtnuklearen Industrie viele robuste, hitzebeständige Werkstoffe entwickelt, die für den DFR in Frage kommen. Diese Werkstoffe sind zwar teuer, aber dank hoher Leistungsdichte und Abwesenheit von Brennelementen im DFR werden nur sehr kleine Mengen benötigt.