Das Greentec-Debakel

Es sollte eine Art Testballon sein: Wie würde der DFR bei einem deutschen Umweltwettbewerb ankommen? Ein Kernreaktor zwischen lauter Biomasse-Öfen und Miniaturwindrädern zum Aufstellen auf dem heimischen Balkon — das würde ohne jede Frage ein echter Hingucker sein! Da wir — für ein großtechnisches Projekt eher ungewöhnlich — bereits in einer frühen Implementierungsphase nicht nur die technische, sondern insbesondere auch die ökonomische Machbarkeit unseres Konzepts ausführlich in mehreren Publikationen dargestellt hatten (unter anderem in einer von der internationalen Atomenergiebehörde IAEO begutachteten Veröffentlichung) und auch ausreichender Patentschutz vorhanden war, stand unserer Teilnahme nichts im Wege. Am 31. März 2013 reichten wir unseren Vorschlag gemäß den Teilnahmebedingungen bei den „Greentec-Awards” ein, Europas größtem Umwelt- und Wirtschaftswettbewerb.

In Sachen Umweltfreundlichkeit schneidet der DFR exzellent ab. Dies hatten auch die Menschen, die beim Online-Voting für uns stimmten, erkannt. Am 10. Mai gewannen wir dieses mit deutlichem Vorsprung. Laut Wettbewerbsregeln waren wir damit automatisch einer von drei Nominierten in unserer Kategorie („Galileo-Wissenspreis”), was uns am 22. Mai auch per Email in Form eines Glückwunschschreibens mit einer Einladung zur Preisverleihungs-Gala am 30. August 2013 in Berlin bestätigt wurde.

Doch irgendwann stolperte jemand bei der Jury über das Wort „Kernreaktor“. Oh, diese listenreiche Atommafia! Nun infiltrierte sie auch noch einen der Nachhaltigkeit verpflichteten Wettbewerb! Da musste etwas getan werden. Am 4. Juni tagten die über 50 Mitglieder und berieten sich unter anderem darüber, wie man mit der „bösen Erfindung“, die von irgendwelchen Internettrollen zum Publikumsliebling gekürt worden war, weiter verfahren solle.

Am 7. Juni erreichte uns eine Email: unsere Einreichung sei vom weiteren Wettbewerb ausgeschlossen worden. Wir zählten nicht mehr zu den Nominierten. Diese Entscheidung sei

„nach eingehender wissenschaftlicher Diskussion und eingehender Betrachtung der wissenschaftlichen, sozialen und kommunikativen Aspekte Ihrer Einreichung im Licht der Zielsetzung des Awards erfolgt.”

Keine weitere Begründung. Zugleich schien man den Wettbewerb in eine Art „Calvinball“ umgewandelt zu haben: Nachträglich hatte man die Regeln geändert und die Fußnote hinzugefügt:

„Die Auswahl der Nominierten und Preisträger erfolgt letztendlich unabhängig durch die Jury der GreenTec Awards, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.”

Wir prüften rechtliche Schritte, und das Berliner Kammergericht gab uns auf einstweilige Verfügung statt: Die Jury müsse den Hinauswurf rückgängig machen, den DFR bei der Nominierung berücksichtigen! GreenTec Awards suchte daraufhin Entscheidung in der Hauptsache und erwirkten ein Urteil des Landgerichts Berlin (erste Instanz) gegen die Nominierung des DFR – wenige Tage vor der Gala. Wir gingen beim Kammergericht (letzte Instanz) in Revision, doch zum Fällen eines Urteils blieb zu wenig Zeit. Monate später kam das Kammergericht dann zu einem Beschluss: Ein Urteil konnte wegen Beendigung des Wettbewerbs nicht mehr gefällt werden, wäre aber in in unserem Sinne ausgegangen. Daher müssen alle Kosten durch Greentec Awards übernommen werden. Auf dieser Grundlage hätten wir Schadensersatz einklagen können, ließen jedoch davon ab. Klagen kosten Zeit und Nerven, und wir wollen schließlich einen Reaktor bauen!

Der „Testballon“ brachte somit durchaus ein interessantes Ergebnis: Kernenergieprojekte sind in der deutschen Medienlandschaft derart unbeliebt, dass man durchaus nicht davor zurückscheut, sie mittels nachträglicher Regeländerungen illegal aus Wettbewerben zu verbannen. Die Öffentlichkeit denkt hingegen viel bodenständiger darüber nach und würde ein derartiges Projekt durchaus befürworten.

Diese Geschichte liegt inzwischen (2018) rund fünf Jahre zurück. Ob sich in der Zwischenzeit etwas geändert hat? Die massive antinukleare Gefühlswallungnach Fukushima  in der deutschen Medienlandschaft und Politik scheint ein wenig abgeklungen zu sein. Doch die Massenmedien haben ein hohes Beharrungsvermögen…

An dieser Stelle bedanken wir uns nochmals herzlich für die große Unterstützung derjenigen, die sich besonnen und mutig für uns und unser Projekt eingesetzt haben! Dies ist nicht das Ende, sondern der Anfang einer nun hoffentlich beginnenden Debatte um die gezielte ideologische Diskriminierung von nachweislich zukunftsträchtiger Technologie.